Der Innenhof der Moritzbastei ist durch Kerzenschein erleuchtet, einen Birkenwald hat man aufgebaut, die Pratajev-Open-Air-Buchpremiere des Almanachs mit der Nummer eins kann theatralisch beginnen. Publikum scharrt mit den Füßen, oben wie unten, ein Gefühl russischer Oper lässt sich nicht verscheuchen. Moderator Volly "Schtrastwuj Towarischtschs" Tanner herzt sich ans zahlreiche Publikum, preist schüsselweise Soljanka, den angereicherten Pratajev-Cocktail, sich und die unruhige Seelenwelt beherzt an.
Verleger Wallgold junior hält die Laudatio aufs jüngste Buch seines Fünffingerferlag, bevor Herausgeber Makarios ans Mikrofon tritt und gediegen eine lange erwartete Pratajev-Lesung hält. Wenn Applaus das Brot des Künstlers ist, braucht Makarios sich um den Aufschnitt kaum zu sorgen, die Zugaberufe ebben nicht ab.
Wenig später, auf der ausgefallenen Dadaistenuhr ist es mittlerweile 22 Uhr: Thomas Gumprecht, auch "DIE-ART-Gumpi" genannt, schultert den Sechssaiter zum rührenden Pratajevtext nach ART des Hauses in der Veranstaltungstonne der Moritzbastei. Makarios und Pichelstein folgen ihm heimatlos. Nicht einmal Gitarrenstahl hält sich mehr auf seinem Platze, weniger noch das Publikum. Die Zugabe heißt "Beim Bücken", mehr geht nicht, Makarios und Pichelstein schlottern die Knie. Prumski Beat müssen bühnisiert werden, jene Brachialpopband, die bereits vor drei Jahren mit harten Pratajev-Vertonungen aus dem Fundus Anatoli Prumskis für Erstaunen, wenn nicht gar Entzücken unter den Fans sorgte. Igor Pavlowitsch singt, Makarios muss noch mal raus mit: "In meinen schönsten Träumen", dann ist's vollbracht. Volly Tanners letzter Gruftruf erschallt in dunkler Thekennacht.
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