Sunday, September 03, 2006

Tief Ulf erreicht Strausberg

12. Februar 2005, Strausberg/Tonne
Ulf pustet, sächsische Riviera ist toll

Aufgewacht im Hotel Europa, Strehlener Straße, Dresden. Dusche, Frühstück, Raucherzimmer, Ulf. Dann rasch weg von hier. Heute werden Nazis erwartet, die weltendkriegerische Bombennacht jährt sich morgen zum 60. Mal. Weiße Sebnitzer Kunstrosen symbolisieren trautes Gedenken. Doch zurück zum modernen Leben: Aberwitzig, wie es oft ist, dürfen die aus Ruinen auferstandenen Dresdner bald wählen, ob sie eine "Brücke" haben wollen oder nicht. Darüber wird viel Aufhebens gemacht. "Brücken bauen" plakatierten freie Demokraten, die PDS ist wie immer dagegen, weil die "Brücke" Geld kostet, was logisch erscheint. Natürlich kosten Brücken. Manche sogar mehr als Kreisverkehre. Muss man denn jeden fragen, ob er eine Brücke will? Um welche es sich eigentlich handelt, erfährt der Fremde von Plakatwänden nicht. Er denkt nur: Brücke, Brücke, Brücke. Und ist verwirrt. 

An der Sächsischen Riviera, bei Schlagern, Schnitzeln, Steaks und Wein, ist das Leben noch in Ordnung. "Lehmann's Seußlitzer Weinstuben" laden zur Rast gegen Mittag. Doktor Makarios gab den Tipp; die nebelgrauen Elbkreise beginnen zu flirren. Herr Lehmann serviert persönlich und wird ob der edlen Speisung vom Doktorenlob honorig überschüttet.



Ulf möchte den Golf von der Autobahn wehen, doch es gelingt nicht. Strausbergs Club "Tonne" wird überpünktlich erreicht. Ein kurzer Sound- und Lichtcheck, dann Theke, Kaffee, Auflaufschiffchen, Budweiser. Der Kulturfahrplan lockt ca. 40 Gäste an. Ex-Die-Art-Lichtmischer Kuno trinkt schluckweise kritische Cola, Publikum sitzt indes an Tischen und ein 1. Block des Heimatlieder-Konzertes beginnt in der Stadt bei Berlin, die zu DDR-Zeiten militärisches Hauptquartier war. 

Verwöhnt von Jena und Dresden, ist's heute schwer die ganz große Furore aus dem Publikum herauszulocken. Darob larmoyant zu werden, dagegen nicht im pratajevschen Sinne. Also jagen die Biber wie gewohnt durchs Dorf, wird der angekündigte High-Speed-Folk-Punk bis über den 2. Konzertblock saitenreißend hinausgetragen und hinterlässt glückliche Gesichter. Der Nachhall an der Theke ist frappierend wunderbar, Schultern werden geklopft, Schultern die müde sind. Eine der gewiss zwei Taxen des Ortes bringt Makarios und Pichelstein in die Pension des Alten Gutshofes. Doppelter Whisky beschließt den Tourabschnitt ordentlich. Draußen müht sich Ulf vergeblich, die holzsteinerne Unterkunft niederzureißen. 

Am nächsten Morgen berichten brandenburgische Nachrichten von drei verwehten Straßentoten im Umkreis. Kein Griff am Zaun konnte sie retten.

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