Pratajev, übernehmen Sie! Denn geladen in die BarFly-Kellergewölbe am Rande der Stadt Schönebeck bei Magdeburg, fern ab jedweder Grausamkeit, war eigentlich Wissmut. Schlagzeuger Konrad allerdings schwächelte, gab einen Krankenschein ab und verzog sich mit studentischer Vogelfuttergrippe ins Frotteebett. „Möge es dort hart sein und für immer kratzen, Fleckvieh am Fenster stehen und pausenlos muhen“, hätte S.W. Pratajev diesen Unbill geheißen. So kommt es, dass die Russischen Doktoren sich am Kalbslederriemen reißen und eine kleine Winterreise ins Sachsen-Anhaltinische unternehmen.
Der Golf, beladen wie eh und je, wurde dafür lang nicht mehr benutzt. Richtung B2 ist das Steuer kaum zu halten, zieht nach links in den Gegenverkehr, wie ein Hund, der sein Tantchen zum Überrollen bringen will. Tatsächlich beträgt der rechtsseitige Reifendruck jeweils 0,8 Atü, der linksseitige immerhin 1,8. Schön, dass sinistres Toursterben mittels Luftdruckpistolen an Tankstellen abzuwenden ist.
Im BarFly ist der Empfang frohlockend; Veranstalter und Doktor Makarios sind sich des Öfteren bereits dienstlich begegnet und immer passierte viel. Der Sound ist beim Check an Fulminanz nicht zu überbieten. Verglichen mit den Nicklichkeitsspleenen der vergangenen Tourstationen gar eine Wonne. Da Wissmut weiterhin angekündigt sind, und dieser Bandname stets mehrere DIE ART-Sonetten mit sich zieht, entschließen sich The Russian Doctors zur harten Gangart. Viel mehr E-Gitarre als sonst, „Das Schiff“, „Eternal Fall“ und weitere DIE ART-Songs im Zugabeblock. Dann heißt es: warten. Und trinken. Ein gefährliches Kombinat. Doch nahe Schönebeck trollt sich’s Publikum immer erst gegen 22 Uhr in die einzigen beiden angesagten Clubs, in die gefürchtete Disse „Halli Galli“ - oder eben, genau, ins BarFly.
Wilhelmshavener Gäste, Bad Oeynhausener, Magdeburger, Hallenser natürlich – sie wollten Wissmut und bekommen nun den elektrifizierten Rotarmisten. Schweiß tropft aus Schönebecker und Bierer Jugendhemden; sie fordern: Tanz den Pratajev. Und es gelingt. Voll ist der Club; mancher renoviert am Tresen die Persönlichkeit früh mit Whiskywodkarum. Das „Heimatlied“ wird zum Kurier feiernder Fanatiker – bis der „Ozean“ anbricht und alles am Glase schluckt. Anderntags wird der Veranstalter so viele Einnahmen in der Kasse haben, dass sie überquillt. Bilder bleiben, in denen man feiern möchte. In den frühen Morgenstunden verfrachtet die Gattin eines von der Nachtschicht heimkehrenden Krankenpflegers namens Andi Doktor Makarios und Doktor Pichelstein in einen roten Corsa mit gesplitterter Frontscheibe. Die Fahrerin ist sichtlich besoffen, doch bis zur Unterkunft im Örtchen Biere ist es nicht sehr weit. Ob Trunkenfahrten Richtung Biere gar gänzlich erlaubt sind, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden.
In der Zwischenzeit fanden im Haus fünf kleine Hunde auf Laminat den Weg zum Gassi. Krankenpfleger Andi rutscht drauf aus, dreht dicke Zigaretten und Gattin macht hernach die Betten. Pratajev hätte es so gefallen.
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