Koffeinreiche Höhen und Scheitelpunkte
Das Gelände des Jugendtreffs "Muggefug" in Zeitz diente zu DDR-Zeiten als Braustätte mittelprächtiger Vollbiere. Berühmter dagegen war die Exportmarke "Südzucker" und noch heute zermürben die Gase der sanierten Zuckerfabrik jedes neu anreisende Riechepithel mit produktivem Dampf. Tourmanager Stev behält den Überblick am Lenkrad, was gar schwer ist, da Zeitz sich durchs Anlocken der Landesgartenschau 2004 ein fast komplett neues Straßensystem ausbaldowerte, in dem russische Doktoren nun verwundert herumkurven. Sonst ist Zeitz aber Zeitz geblieben. Mit geplätteter Waschbetonarchitektur an welker Altbaulandschaft und vielen Einwohnern ist die Niete das Arbeitslos. Andere kommen aus dem Gefängnis und tragen sich mit markanten Jim-Beam-Gedanken, doch die Vorteile einer Security-Ich-AG zu nutzen. Wir wollen das gutheißen und die überreichten, durchweichten Visitenkarten lieber auf dem Eichholztisch im Muggefug an der Geraerstraße 1 vergessen.
Während es die Leipziger Band We(x) auf der großartig gesoundeten Bühne psychedelisch treibt, beginnt der freundliche Thekenfreiwillige mit dem Ansetzen eines Kaffees der Marke "Nicaragua-Speed" für Doktor Pichelstein. Doktor Makarios wird eine Stunde später die Sorte "Angola-Hell" in Tomatensuppentassen kredenzt werden, was in beiderlei Fällen nicht ohne Wirkung bleibt. Führt "Angola Hell" zur sofortigen Verdauung des eigenen Körpers, so gelingt es "Nicaragua-Speed" aus ruhigen, ausgeglichenen Gitarristen, welche eben noch wie ein Gehstock aus Ebenholz in der Ecke verharrten, aufgedrehte Saitenmaniker zu erzeugen, für die kein Halten mehr in Sicht ist.

So wird das anschließende 49. Konzert im 1,5-jährigen russischen Doktorenkalender zum rasend grellen Fest. Als es beendet ist, steht nur noch eine Handvoll jubelnder Menschen vor der Bühne. Denen kann gesagt werden, alle koffeinreichen Höhen und Scheitelpunkte des Folkpunks mit diesem Tag erlebt zu haben.
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