Sunday, September 03, 2006

Weimarer Wildheit

25. Februar 2005 – Weimar, Gasthof Luise  
Eindrücke flüssiger Gangbilder 

Der Leipziger Zoo verabschiedet seine beiden Flusspferde Brandy und Stenek gen Südafrika. Die haben’s gut. Die fahren in die Sonne. The Russian Doctors indes frieren und bedürfen Sitzheizungsstufe 6. Im Schneegriesel dampft der Audi durchs Thüringer Weiß. Weit über drei Stunden dauert die Anreise via Landweg zum Gasthof Luise. Autobahnen sind zu gefährlich; Kati Witt weilt nicht unterm Motorblock und Gummireifen haben keine Kufen. Vielleicht hätte man doch anders entschieden, wenn bekannt geworden wäre, dass Weimar für den Landverkehr weiträumig abgeriegelt wurde. Nicht wegen des entfernten US-Präsidentenbesuches, nein, die Bundesstraßenschilder sind einfach rot durchgebalkt. Kaum ausgewiesene Umwege über Land, interessant wie ein Fußbad, müssen in Kauf genommen werden.

In Weimar geschieht Doctor Pichelstein an der Ampel Wielandplatz/Ecke Humboldtstraße Seltsames. Um den Audi in Parkposition zu bringen, muss ein U gefahren werden. Plötzlich reißt eine unbekannte, reifere Frau in besten Kleidern die Beifahrertür auf und springt in den Wagen. Pichelstein wundert sich. Die Ampel springt auf Grün, die Frau frohlockt zunächst, blickt dann Richtung Fahrersitz, erschreckt und salbadiert: „Ich dachte, das wär mein Mann!“ Weg ist sie. Ein gewiss typischer Weimar-Fauxpas.

Was sagt die Presse zum heutigen Tag? „Freitag ist es soweit. Die Russian Doctors spielen in der „Luise“. Das schneidige Duo präsentiert uns russische Volksweisen mit akustischen Gitarrengewittern in rasanter Geschwindigkeit - gekreuzt mit schwarzem Humor. Anschließend Party.“ Alles richtig. Die Veterinär-Büchsen sind geladen, Conrad Hoffmann liefert die Anlage zur Beschallung des Publikums; es ist eindeutig schwarz gewandeter TRD-Personatag und die meisten Gäste vermitteln früh den Eindruck eines eher flüssigen Gangbildes.

 


















Dem schönen Gasthof sieht man die „Pure Weimarer Wildheit (PWW)“ auf den ersten Blick gar nicht so an – ungeahnt aller noch bevorstehenden Abendwirren verzehren beide Doctoren schweinerne Himmelsteller aus der reichhaltigen Speisekarte. Freund Mirko aus Dresden ist da, Natascha nebst Thorstenmann, dem es im Laufe der PWW-Nacht kaum gelingen wird, die Gattin im Zaume zu halten. Um hier abzukürzen, sei vermerkt: Die Abreise nach Erfurt erfolgte mit nur noch einem Brillenbügel, den anderen holte sich mittenmang ein Teufel namens Absinth. 

Und im Nachtrag dieses Tourtagebuches darf stolz geschrieben werden: Kindeszeugung fand mutmaßlich auch noch statt. 






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