Eindrücke flüssiger Gangbilder
Der
Leipziger Zoo verabschiedet seine beiden Flusspferde Brandy und Stenek gen
Südafrika. Die haben’s gut. Die fahren in die Sonne. The Russian Doctors indes
frieren und bedürfen Sitzheizungsstufe 6. Im Schneegriesel dampft der Audi
durchs Thüringer Weiß. Weit über drei Stunden dauert die Anreise via Landweg
zum Gasthof Luise. Autobahnen sind zu gefährlich; Kati Witt weilt nicht unterm
Motorblock und Gummireifen haben keine Kufen. Vielleicht hätte man doch anders
entschieden, wenn bekannt geworden wäre, dass Weimar für den Landverkehr
weiträumig abgeriegelt wurde. Nicht wegen des entfernten
US-Präsidentenbesuches, nein, die Bundesstraßenschilder sind einfach rot
durchgebalkt. Kaum ausgewiesene Umwege über Land, interessant wie ein Fußbad,
müssen in Kauf genommen werden.
In
Weimar geschieht Doctor Pichelstein an der Ampel Wielandplatz/Ecke
Humboldtstraße Seltsames. Um den Audi in Parkposition zu bringen, muss ein U
gefahren werden. Plötzlich reißt eine unbekannte, reifere Frau in besten
Kleidern die Beifahrertür auf und springt in den Wagen. Pichelstein wundert
sich. Die Ampel springt auf Grün, die Frau frohlockt zunächst, blickt dann
Richtung Fahrersitz, erschreckt und salbadiert: „Ich dachte, das wär mein
Mann!“ Weg ist sie. Ein gewiss typischer Weimar-Fauxpas.
Was
sagt die Presse zum heutigen Tag?
„Freitag ist es soweit. Die Russian Doctors spielen in der „Luise“. Das
schneidige Duo präsentiert uns russische Volksweisen mit akustischen
Gitarrengewittern in rasanter Geschwindigkeit - gekreuzt mit schwarzem Humor.
Anschließend Party.“ Alles richtig. Die Veterinär-Büchsen sind geladen, Conrad
Hoffmann liefert die Anlage zur Beschallung des Publikums; es ist eindeutig
schwarz gewandeter TRD-Personatag und die meisten Gäste vermitteln früh den
Eindruck eines eher flüssigen Gangbildes.

Dem schönen Gasthof sieht man die „Pure Weimarer Wildheit (PWW)“ auf den ersten Blick gar nicht so an – ungeahnt aller noch bevorstehenden Abendwirren verzehren beide Doctoren schweinerne Himmelsteller aus der reichhaltigen Speisekarte. Freund Mirko aus Dresden ist da, Natascha nebst Thorstenmann, dem es im Laufe der PWW-Nacht kaum gelingen wird, die Gattin im Zaume zu halten. Um hier abzukürzen, sei vermerkt: Die Abreise nach Erfurt erfolgte mit nur noch einem Brillenbügel, den anderen holte sich mittenmang ein Teufel namens Absinth.
Und
im Nachtrag dieses Tourtagebuches darf stolz geschrieben werden: Kindeszeugung
fand mutmaßlich auch noch statt.
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