Saturday, September 02, 2006

Secret Roxanne-Session II

03. Dezember 2004, Weimar/Roxanne
Weihnachtsbratwürste an einem Stand, der glücklicherweise nicht explodiert

Vorbei ist der November, Monat des Totengedenkens, der Revolutionen. Ein Monat, in den man sich nasskalt eingewöhnen muss. Manches Altenheim wird für depressiv gestimmte Bewohner zum Fliegerhotel. Der Dezember hingegen ist tröstender; die Menschen verlassen die Häuser, um sich auf Weihnachtsmärkten herumzudrücken, während daheim die Stromrechnung ins Bedrohliche steigt. Warum das so ist, zeigen erstaunlicherweise besonders Leipzigs ärmere Stadtteile wie Grünau. Hier brennen die Fenster und Dächer der Plattenbauten besonders glühend bunt und sind schlimm dekoriert mit springenden Rentieren, Lichterketten- bis kränzen. Erhängte Weihnachtsmänner baumeln hoch bis Markranstädt. Jede Tanne, die nicht verholzt davon kam, strahlt, behängt mit Licht, wie ein leckes AKW und Stev fährt daran vorbei, an Juri Slavtschev gemahnend, dem Pratajev höchstselbst ein Busfahrerdenkmal setzte. 

Die heutige Konzertreise, unterwegs in einer Melange aus Dieselbus und Katzenunterlass, führt nach Weimar ins Roxanne. Wieder soll eine Liveplatte eingespielt, die "II. Secret Roxanne Session" ein Initialerlebnis aus einigen neuen, mit Beats unterlegten, Songs werden. Damit's funktioniert, zählt Wissmut-Schlagzeuger und Techniker Shiva zur Reisegruppe. 

Gut geht es autobahnwärts voran; die Staus finden aus Thüringen heraus statt. Fischbrötchen und Hackersatzbällchen bauchen schwer; die Anfrage bei zwei Leipziger Tankstellen nach bockendem Wurstverzehr wurde negativ beschieden. Nur Doktor Makarios hatte Glück und erkennt als aufmerksamer Staubetrachter eben diesen als Leipziger Wurst-Versorgungsengpass an.


An der Roxanne-Bar: Freudige Begrüßung der liebsten Einheimischen. Conne aus Weimar zu Wissmut, Belegschaft und Wirt erinnern sich gerne zurück an jenen invasiven 18. Oktober des letzten Jahres, an die I. Secret Roxanne Session. Nach Verzehr einiger Weihnachtsbratwürste an einem Stand, der glücklicherweise nicht - wie in der vorherigen Woche geschehen - explodiert, echte Labsal für die Zustände an Leipziger Tankstellen. Darüber hinaus steht die Bühne wie eine Eins, der Soundcheck gelingt, Getränke werden ausgeschenkt, rasch füllt sich die Bar bis zum letzten Platz hinter der Theke.


Die Sache mit der Liveplatte sickert durchs Publikum; Darbietung und Applaus sind so heftig, dass draußen vor dem Marktfenster eine neugierig gewordene Parallelgesellschaft entsteht. Doch nur wer sich als Veterinär ausweisen kann, wird noch hineingelassen. Den Schnapsliedern folgt eben solcher auf die Bühne; die Beatsongs von "Der Kuh geht's gut" bis "Die Geburt" kratzen die Barmenschen auf wie ein erster Sommermorgen. Vor lauter Stühlen klappt das Tanzen nicht so recht; noch einmal muss der Rotarmist - in doppelter Geschwindigkeit - zugegeben werden, ebenso "Das Idyll" wie "Sonne und Brot". Das Eis kommt so plötzlich und mit dem "Rundblick" darf es gut sein. Draußen verströmt der geschlossene Weihnachtsmarkt mildes Licht, drinnen haben vielseitige Getränke die Bar im Griff. Die Russendisco nebenan passt ins Bild. 

Am nächsten Mittag, in Hübners Hotel, weckt Herbergsmutter Heidi Hübner persönlich die Zimmer mit einem Anruf, der das Frühstück in Ehren sehr rettet.

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