Sunday, September 03, 2006

Russian Doctors in Prague: Der Vodka geht aufs Haus

02. März 2005 / Prag-Vinohrády / KAVÁRNA CAJOVNA SOUTERRAIN
Mikus und Makarios bleiben ungewaschen.

"Prag ist groß genug um kosmopolitan zu sein und klein genug um ein künstlerisches und musikalisches Zentrum zu haben.'' Phil Shöenfelt irrte bereits 1999 nicht, als er "Infomusic" diese Zeilen einbläute.

Es hat manchmal aber auch kein Trinkwasser, dann, wenn Leitungen in Prag 3 und 4 vor Kälte bersten. Heute ist so ein Tag. Doktor Pichelstein träufelt sich mit Mineralwasser die Seife vom Kopf. Mikus und Makarios bleiben ungewaschen. Morgen kann warten. Vorweg sei genommen: Morgen wird die Wasserzufuhr ebenso nicht funktionieren. 

Bis um zehn gibt es Frühstück. Die Wurst ist orangensaftfarben aber lecker. Man sammelt sich, auch um den Tag zu planen. Doktor Makarios schreitet in die Tatrabahn 3 Richtung Karlsbrücke; alle frieren mit. Doch wärmt die Schönheit Prags. Umrankt und durchtrieben von dünenden Schneeteppichen, schmeckt das Staropramen-Pivo zum Gulasch im "Casanova Café", gleitet die Crew dahin und veranlasst Mikus zum Ausruf: "Bald kommt er, der Prager Frühling."



Das Konzert soll heute ab 21 Uhr im Café Souterrain stattfinden. Nachts zuvor gab Mr. Jarda Švec Doktor Makarios einen ganzen Pivodeckel falscher Telefonnummern. Zum Café irrt der Bus in alle möglichen, ebenso falschen Richtungen. Das Souterrain ist von weitem gut zu erkennen an der Bêlehradská 82, nur führt ein schwerlich Weg dorthin. Angekommen im hippieesken Ambiente ratlost es sich sehr. Kein Mr. Švec, kein Phil, keine Anlage. Am Telefon nur ein Mr. Švec, der in fernen Gemengen unverständliche Anweisungen gibt. Aber so will es die Chaostheorie: Um 21 Uhr stehen The Russian - und später - The International Russian Doctors auf der Bühne. Sehr zur Freude des Publikums. Budweiser und Plum-Vodka nährt die Gäste.



An der Theke steht ein runder Golem-Mann, der eigentlich längst tot sein müsste. Daneben spricht ein Verfolgter des kommunistischen Regimes trunken auf Doktor Pichelstein ein: Interviews müssen jetzt sofort geführt werden. Der Mann gibt sich als Journalist zu erkennen. Er habe einige Zeit in Karlsruhe verbracht, sei dann nach England ausgewandert und interessiere sich sehr für die Jugend aus Ostdeutschland. Doktor Pichelstein, 2001 von Münster nach Leipzig gezogen, berichtet von schrecklichen Auftrittsverboten seiner vielen DDR-Bands bis 1989. Der Lederjackenmann mit der schweren Zunge frohlockt. Der Vodka geht aufs Haus.

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