Frank Walter und Reinhard Menne lassen sich die Inhaber des Hotels "Zum Bären" gerne nennen. In einer großräumig pensionierten Zweigstelle der beiden Erfurter Lichtstelengestalten erwachen Russische Doktoren im desperaten Zustand.
Immerhin verfügt Doktor Pichelstein über angemessenes Waschzeug und Brauseaspirin, um das spät morgendliche Übel gleich mit der Wurzel auszureißen. Um kurz nach 11 überzeugt Doktor Makarios die Hotelempfangsdame stoisch, aber hochsymbolisch, noch drei kleine Frühstückereien herauszurücken. Wer Michael Douglas im Film "Falling down" einmal dabei beobachten konnte, wie erst die abgesägte Schrotflinte das Frühstücksmenü im Burgerladen möglich argumentierte, wird wissen, dass Pünktlichkeit á la Card vom Personal nicht immer durchsetzbar ist.
Tourmanager Stev erreicht ein Anruf bei vollem Mund. Auch wenn man in der Ferne weilt, kann Familie lästig sein; ein jüngerer Arzthelferbruder verkündet den unrühmlichen Tickereingang neuer Leberwerte. Rasch erstellt Doktor Makarios einen radikalen Diätplan für den armen Manager, der ausschaut, als seien ihm grad die Blutbörsenkurse in den Keller geschossen. Doch Bili und seine Rubine bleiben im Verborgenen, noch ist nichts zu spät. Pratajev empfiehlt wie immer: Schnaps und Kräuter aus dem Wald.
In Weimar wird Bassist Conne in seinem herrlich schmucken Antik- und Trödelmarkt an der Marktstraße besucht. Kaffee gelangt zum Ausschank, groß ist die Freude, als Doktor Makarios die gebrannte Nissan-Loop-Heimatlieder III-Zusammenstellung über den Verkaufstresen reicht. Schon jetzt scheint klar: Das wirklich schönste Stück Musik ist "Der Arme", woran Connes Bassspiel große Mitgift trägt.
Bis Dresden versinkt Doktor Pichelstein ins autogene Tourtraining; beruhigende Stimmen auf den vorderen Sitzen laden dazu ein. Der ehemalige Ballsaal "Gare de la Lune" an der Pillnitzer Landstraße 148, erweist sich augengeriebene Blicke später als guter Erweckungsgrund. Lazarus Pichelstein schleppt bereits wieder Gitarren auf eine Bühne, groß und mächtig, schicksalsträchtig. Die längste Theke Dresdens lädt zum Verweilen nach erfolgreichen Soundcheckmaßnahmen ein; draußen fließt die böse Elbe malerisch, von Abendsonne umgarnt, dahin. Hier, im und am "Gare de la Lune", möchte man einmal mit letztem Rundblick vor Schönheit sterben.
Ab 19 Uhr komplettiert sich der Gastspielabend mit den Musikern der Band PrumskiBeat, der harten, aber unverzichtbaren Pratajev-Variante mit Betonung auf BEAT. Robert "The Guitar" Baldowski hat für den Kürauftritt ein neues Zehnmeterkabel käuflich erworben. Und tatsächlich, diese Anschaffung ist seinen 25-Europreis wirklich wert. Nach Verstärkeranschluss werden damit sprechende, tschechische Radiowellen empfangen. Doktor Pichelstein am Tresen verlangt einen Sportkanal und Robin "The Leo-Fender-Mephisto" Oppenheimer durchrockt Ballsaalwände bis in die laserepilierten Vorhöfe nachbarlicher Paarungszonen hinein. Der Soundcheck erklingt - nach Eintreffen des Kriminalkommissars, als heute zweiten Sänger neben Doktor Makarios plus Keyboarder - zum schwierigen Unterfangenstest.
Robert "The Guitar" Baldowski verzweifelt vor der Leinwand und führt statt des geplanten PrumskiBeat-Videos "In meinen schönsten Träumen" Bildfolgen seines letzten Österreich-Urlaubes vor. Macht nichts, brachial verwandelt das Publikum ab 21 Uhr den Saal zum Kochtopf. Kaltgetränke werden trophiert, die holde pichelsteinsche Doktorengattin kuriert alle mit einem Lächeln.
Am Merchstand gibt Stev mittlerweile den Fünfsternekoch und verkauft innerhalb der ersten fünf Einlassminuten letzte vier Tote-Katzen-Shirts. Die Nachfrage verlangt mindestens 10 und das Konzert der Russian Doctors beginnt einmal mehr mit einem Rotarmisten, der Pratajev bekanntlich nie war. So wird himmlisch dargeboten, was der Sound hergibt. Frenetischer Beifall ist großes Balltheater; mit vorauseilendem Respekt verneigt sich das viele volle Publikum bereits beim Cis-Moll-Einspiel der Band PrumskiBeat, belohnt wird es vor allem durch Doktor Makarios am Gesang, umrahmt von brachialen Saitenkünstlern. Besonders genannt sei hier noch einmal Robert Baldowski mit einem neuen Projekt: Robert "The Guitar" Baldowski spielt Wagner (alles).
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