Saturday, September 02, 2006

DVD-Premiere und 57. Konzert

15. Dezember 2004, Leipzig/Kosmoshaus 
Eine junge Frau wird gesucht!  

Pratajevs russische Weihnacht im Roten Salon des Kosmospolitan. DVD-Premiere "Schnaps & Weiber". Veranstaltet vom Verein zur Förderung der Leipziger Filmkultur. Draußen, in den Vorgärten, hängen erste Meisenknödel an winterlichen Baumgerippen. Früh dunkelt es, Leipzig wehrt sich indes tapfer leuchtend gegen das aufziehende Schwarze Loch, der Steigerung des Nichts. 

The Russian Doctors soundchecken eine perfekt austarierte Bühne, selbst leere Gitarrenkoffer gehören dazu. Technokrat Martini Rossini behält den Überblick, DVD-Produzent Herr Esche lotet Filmsequenzen am Mischpult gen Beamer aus, Herr Pauli hat Schnupfen und Moderator Volly Tanner - standesgemäß als "Väterchen Frost" ausstaffiert - seziert ein Lachsbrötchen. Romakow-Darsteller Falk Fiedler fügt sich blendend seiner Rolle aus "Der Wirt und Ich - Pratajev im Teehaus Protnik" und nippt am hochprozentigen Katzenblut. Die Talkgäste Wallgold junior, Kudernatsch, Pratajev-Darsteller Herr Krause und Ralf Esche, als Regisseur, hühnern aufgeregt hin und her. Während der Show gilt es schließlich die allseits gepflegten Satzstanzen des Herrn Tanner zu erwidern.



Pünktlich um 20 Uhr öffnen sich die Türen der Weisheit. Drei Streifenpolizisten heften Blicke mit launiger Renitenz aufs einlassende Publikum; eine junge Frau wird gesucht, soll sie doch unehrenwertes getan haben. Was genau, wird leider nicht verraten. Erste DVDs wechseln am Merchstand den Besitzer. Zur selben Zeit: Großversammlung der Akteure im Backstage zum Bierkistenbaggerbiss. Dann die Initialzündung: Herr Tanner erklärt vor vollem Kosmoshaus die Bedingungen des heutigen Abends unter dem Motto: Das gibt's doch in keinem Russenfilm. Showtime. 

Väterchen Frost - winterschöner Song der Band Prumskibeat - wird eingespielt und qua tannerscher Kuliquarelle via Beamer auf Leinwand projiziert. Dann "Der Wirt und ich", als Filmepos, nicht nur Pratajevs literarisches Schaffen beleuchtend, nein, auch beide Kardinallaster (Schnaps und Weiber) kommen imposant zum Zuge. Zeit, die Beifallernte einzufahren und in Klausur zu gehen. Herr Tanner befragt auf rotem Puffsofa Talkgäste. Wallgold junior erhält die Neugier des Moderators via Funk übermittelt und antwortet verschroben russisch. Kudernatsch übersetzt ins Mikro. Nach kurzer Pause folgt das 57. Konzert der russischen Doktoren, Schwerpunkt Veterinärmedizin. Der Weimarer Beatblock wühlt das Publikum auf, die Zugaben haben Jukebox-Charakter: Auf lautesten Zuruf wird gespielt und gesungen, Doktor Makarios' Wissensarznei gar noch erweitert, als jemand einen bisher wohl verborgen gebliebenen Pratajevtext namens "Schere im Bein" einfordert.


Die jüngst gedrehten Videotracks der Russian Doctors bilden den finalen Abschluss des gelungenen Abends, den wohl niemand in Abrede stellen wird. Ein Hauch von Weltgeist, gekocht in tiefster russischer Seele, liegt im Raum.

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