Säureanschlag auf Doctor Makarios
Nach dem Frühstück um 11 ist in Zeitz der Teufel in Gestalt eines Landesgartenschau-Kaisers los. Vorbildlich sperren Polizisten die Straßen, damit seine kutschende Hoheit zur Jagd blasen kann. Niemand der Einwohner bemerkt, ab heute wieder leibeigen zu sein. Russische Doktoren lassen sich jedoch von rot-grüner Kolorpracht nicht blenden und jubeln wollen sie auch nicht.
Stev startet den Nissan in Richtung Kulturprogramm. Schloss Augustusburg liegt ungefähr auf dem Weg nach Chemnitz, der nächsten Tourstation am mittleren Wochenende. In Erdmannsdorf wird die arg historische Drahtseilbahn bestiegen, um dem Schloss in vielem näher zu kommen. Vehement fordert Doktor Pichelstein auch das Lösen der Rücktickets ein; der von Doktor Makarios und Tourmanager Stev anberaumte Fußweg samt Steinpilzsuche behagt ihm ganz und gar nicht. Man möchte schließlich nicht Elendstourist in Hans Meisers RTL-Sendung "Notruf" werden. So schlängelt sich die eiserne Bahn mittels drahtigen Seils in die Höhe. Der obige Rundblick versprüht Bewunderung und des starken Augusts' Schloss hält robuste Kultur bereit. Leider nicht ohne Hungersgedanken. Wenn schon keine Wegesrandpilze in der Kiepe landen, soll es eben ein schlosseigener Imbiss sein. Not fordert ein das Fett und gebiert davor leider keine Furcht.
Am Tresen einigt man sich auf Spirelli mit Wurstgulasch, doch als Doktor Makarios die lange aus dem Keller geschöpfte Mahlzeit gereicht wird, legen Stev und Doktor Pichelstein den Hungerschalter rasch auf braune Gummiwurst an eiskaltem Kartoffelhaltbarkeitssalat um. Der anschließende Kaffee wurde vom Personal, das sichtlich an Hautausschlag und Haarausfall leidet, bereits kurz vor Maueröffnung gebraut und wird nun mit wenig Liebe zum Detail ausgeschenkt.
So dampft aller Mägen Säure bei Abfahrt mit der Drahtseilbahn bis ins "Subway to Peter" nach Chemnitz hinein. Noch unterstützt durch einen weiteren Kaffeestopp in der örtlichen Architekturhölle, denn Minus mal Minus ergibt sonst immer Plus.
Das 50. Konzert der Russian Doctors findet seinen Ablauf; voll ist's im Subway, interessante Pressemeldungen wie: "Die Band therapiert keinesfalls in Russland, sondern trieb schon ihr Unwesen in Bands wie DIE ART oder Pratajev", liegen als Stadtmagazine herum. Es herrscht Pub-Atmosphäre, was Stev treffend in der Spielpause bemerkt. Ähnlich wie zwei Tage zuvor im Leipziger Flowerpower steht sich das Publikum in den Schuhen, resp. sitzt sich in den Pullundern, doch heftige Brachialstimmung wie beim 2003-Konzert am selben Ort bleibt aus. Doktor Makarios kämpft mit dem Spirelli-Fluch auf Kaffee komm raus bis zum letzten Song in tapferer, edler Absicht und Manier.
So passt der letzte Song sehr gut in eine Nacht hinein, die nur viel doppelter Wodka heilen kann: Der Arme. Dennoch: Heftiger Dankgesang gebührt dem Subway-Personal für größte Bewirtung mal größte Freundlichkeit über den Umweg zur Delphin-Pension bis zurück zum Sonntagsbrunch. Der wahre Glamour von Chemnitz findet eben in der Unterwelt, und im speziellen, in Peters Untergrundbahn, statt.
Als Anmerkung des nach dem Genuss von
- Angola Hell
- Kenya Catastrophes
- Diabilo de Brazil
- Subway To Peter Underground Coffee-Drug-Mix
wieder auf dem Wege der Genesung seienden Dr. Makarios soll diesmal ein Ausblick dienen:
Hallo Makarios,
hier herrscht schon Euphorie und es haben sich spontane Singegruppen gebildet, um im Dezember textsicher zu sein.
Die Adresse ist: Kulturinsel Einsiedel e.V.
Michael Prochnow
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