24. März 2004 - Leipzig/Buchmesse Battle Part I
PrumskiBeat im "Flowerpower" an der Riemannstraße. Ein Club, den jede Stadt braucht, um schnapsbeduselter Nacht gerecht zu werden. Die innenräumige Klischierung entführt in die frühen 80-er Jahre, Sofas laden zu trivialen Gelagen ein, ansonsten sitzt oder steht man im Rund bis der Gipfel morgendlicher Frühfrische zum taghellen Aufbruch mahnt.
Als Minotaurusverleger Alexander Scholz, Standgehilfe Hans-Peter und Doktor Pichelstein der Selbstverortung ins Flowerpower Folge leisten, stellt sich Behagen ein. Doktor Makarios begrüßt im ersten Beatblock frische Gäste in Zeilenpausen, die wie eh und je von den beiden Dinosauriern in Rock, Robert "The Guitar" Baldowski nebst Robin "The Leo-Fender-Mephisto" Oppenheimer frenetisch saitend gefüllt werden. PrumskiBeat-Heimspiele haben stets ihren sehr berauschenden Reiz; das zahlreiche Jubelpublikum verwandelt sich auch an diesem Abend in die Crack-Kinder von Pelourinho, was zwar in Brasilien liegt, doch wer stört sich dran?
25. März 2004 - Leipzig/Buchmesse Battle Part II
Buchmesse Special im Protzendorf an der Beethovenstraße 17. Die lange Fünffingerbuchnacht feat. "Das Magazin", feat. Edition "Minotaurus". Der Wirt ist überfordert, die beiden Angestellten verzetteln sich, niemand bekommt ausreichend zu trinken, Angereiste massen sich an schwarzfurnierter Theke, Büchertische haben keine Chance, jeder Platz wird gebraucht, Menschen, gezeichnet von Armschleim, stehen sich in den Schuhen. Aufgestellte Stühle werden gewaltbereit verteidigt; wer mal muss, sitzt nie wieder. Der Starke Freund feiert russische Leitkultur im Rahmen eines Fanclubtreffens. Eine Teehaus-Protnik-Situation. Längst wäre Pratajev durch die Hintertür geflohen, doch die ist geschlossen, damit nicht noch mehr Buchmessegäste ins Protzendorf hineinströmen. Kameras des MDR bannen den Furor auf Breitband, zwei Radiostationen sammeln Ton. Wichtig ist das Event, nicht der Autor. Die Bühne ist einziger Fluchtpunkt nach vorn und Doktor Pichelstein ihr Mitorganisator.
Ja, hätte man es vorher gewusst, man wäre in einen größeren Club gezogen, um Juli Zeh, Jan Off, Volly Tanner, André Kudernatsch, Henner Kotte, Makarios, Markus Wilmsmann, C.S. Linientreu, Frank Bröker, Jaromir Konecny, Jens Paul Wollenberg, Stefan Schwarz, Kai Grehn und The Russian Doctors ins Räderwerk der Messekultur zu schicken. Und was hätte man für einen Umsatz gemacht, wäre man selbst für die Bewirtung verantwortlich gewesen. Drei Protzendorfer am Ausschank kläffen sich durch, Gläser splittern, es scheint Jahrmarkt zu sein. Und dennoch funktioniert die Show wie geschmiert. Mit einem Russian-Doctors-Konzert bester Noten ist gegen 2 Uhr in der Früh himmelnochmal alles vorüber. Die neue Heimatlieder-I-CD "Auch die Ratte hat ein Herz" wird zur guten Idee im Ausverkauf. Kai Grehns mitgebrachter 10-jähriger, armenischer Cognac, 42-prozentig, ist zudem eine angemessene Konzertnachbereitung fürs Tagesgeschäft. Hernach geht man in Klausur, natürlich, ins Flowerpower. Michael Mikus bestellt rasch alternative Runden und ein bulliger, blondschnappender, halbschwarzer Mann an einem schnauzigem Bart hält russische Doktoren bis heute für Psychiatriestudenten des zweiten Semesters.
26. März 2004 - Leipzig/Buchmesse Battle Part III
Doktor Pichelstein ist Slam!-Jury-Mitglied ab 22 Uhr im vollbesetzten "Werk II". Jan Off sitzt ihm zur Seite, ebenso ein scheues Publikumsmädchen. Moderator Volly Tanner bittet reifere und jüngere Kandidaten in den Word-Wrestling-Ring. In den Pausen spielt der DJ etwas in Richtung balinesischer Gamelan-Musik. Ein Tagebuch-Eintrag Pratajevs aus den berühmten Karussellführer-Zeiten lautet: Ich war besoffen. Hier steht er. In vollster Konsequenz.
27. März 2004 - Leipzig/Buchmesse Battle Part IV
The Russian Doctors am Sachsenpark, im Marktkauf, nahe Messegelände. Früh morgens um 11 Uhr. Die Veranstaltung am Dekotainment einer Wursttheke, vom Leipziger Fünffingerferlag veranstaltet, heißt dann auch: Fünffinger an der Wurst. Verleger Bert "Wallgold" Hähne gibt Fernsehinterviews; tags zuvor kündigte selbst das ZDF die, gelinde gesagt, dubios außergewöhnliche Veranstaltung an.
In zwei Blöcken erschallen die Wurstmantras der russischen Doktoren. Staunende Passanten am Einkaufswagen werden darauf hingewiesen, dass zumindest am heutigen Tag das Fleisch der Ratte nicht gern gesehen wird, das der Alten Henne dagegen sehr. Zwei Stunden später sind alle Beteiligten zufrieden; der Geschäftsführer des Markkaufs ebenso wie Verleger Wallgold. Nur eine einzige Altfrau erregte sich in emotionalen Kapriolen furienhaft gleich beim Soundcheck. Doch wie man bereits aus anderen Kulturkreisen weiß, können Fundamentalisten sich mit nichts in der Welt abfinden, außer mit sich selbst.
Doktorenspieler steigen in den Bus und haben genug der Zeremonie Buchmesse 2004 beigewohnt. Doktor Pichelsteins letzter geplanter Auftritt im Café Protzendorf, als Mann am Klavier bei der After-Kudernatsch-Tanner-Lesung, wird dann auch gründlich verschlafen. Verleger Alexander Scholz, der zur Messe als Buch "Frank Bröker Schwer Verletzt 2004" und als CD "Winter - Frank Bröker liest Alexander Scholz" herausbrachte, weckt seinen pichelsteinigen Autoren lange später zum gerechten Weinduell beim Kubaner.
Anmerkung des Makarios:
Wen grüß ich, wen lieb ich, wen lass ich, wen fass ich? Dies zu beantworten ist nach vier durchzechten Nächten mit anschließend langem Gerechtigkeitsschlaf nimmer zu beantworten. So gehen diesmal meine besten bärenaufbindenden Wünsche an eine junge, uns für unseren Doktorentitel für Veterinärmedizin bewundernde Gutgläubigerin und an eine ebenso junge Marktkaufempfangsdame, die uns unseres puren Anblicks wegen ihren gogotanzgestählten Leib empfahl. Pratajev möge Euch schützen, sagt der Gegenpapst für literarische Glaubensfragen.
No comments:
Post a Comment