"Makarios Oley und sein Highspeed-Akkustikgitarrist Dr. Pichelstein schlagen ein neues Kapitel ihrer Heimatlieder für Heimatlose auf. Sämtliche Songs, gespeist aus dem stetig wachsenden Nachlass Pratajevs, sind an nur einem Abend zu hören. Die 40 Weisen künden von ‚Toten Katzen im Wind', besoffenen Frauen und Ratten mit Herz (…)" So schreibt die Leipziger Volkszeitung heute auf Seite 7. Dazu ein Foto der Doktoren in Größe XL. Das hat Folgen und bleibt nicht ungesühnt - der rote Salon des Kosmoshauses ist bis auf den letzten Platz gefüllt. 100 Gäste vor heimischer Bühne bei Außentemperaturen von Minus 11 Grad. Die Belegschaft der Firma "Kabel Deutschland" erscheint vollzählig zum pratajevschen Betriebsausflug. Wer hätte es gedacht? "Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde ein Chor der sehr jungen Schwesternschülerinnen gecastet - nach Beinlänge, wird in gewöhnlich gut abgefüllten Kreisen gemunkelt (…)" schreibt die LVZ weiter. "Seltsam", sagt ein Doktor zum anderen, "woher haben die's gewusst?"
Um 21:15 gibt es kein Halten mehr. Das Intro läuft, die Doktoren schreiten zur Großoperation "40-Songs in zwei Blöcken". Techniker Martini Rossini greift ins Dekolleté des Mischpults, Doktor Pichelsteins Plektrum zittert ein wenig - bevor es gnadenlos auf schwarzer Gitarre niederschlägt. Doktor Makarios Stimme gleicht einer calvinistischen Festung und ertönt wie wuchtiges, dunkles Mobiliar. Das Publikum weiß es spätestens nach dem 3. Track "Kamm aus Horn": wer zu wenig applaudiert, gehört bald zur kleinen Minderheit. Mancher Propellerzopf im Saal saust im Takt umher; Pratajevs Weisheiten leiten Song für Song bis zur Pause ein. Um 22:30 geht es weiter. Der Chor der sehr jungen Schwesternschülerinnen betritt das aufgebaute Mikro-Bühnenpodest in weißen, kurzen Latexgeschirren nebst rotem Kreuz am ausgeschnittenen Fleck. Auf den fein schminkbeladenen, gut riechenden Köpfen liegen zarte Schwesternschülerinnenhäubchen. Und wie sie singen! Und hinterher an männlichen Publikumspulsen fühlen! Rasende Tachykardien werden derweil mit Schnaps behandelt - passender Weise kündigt Doktor Makarios von der Bühne einen pratajevschen Fetischsongreigen an.
Sehr viel später sind 40 Songs gespielt. Doktor Pichelsteins Feinmotorik wegen Überlastung geschlossen, Doktor Makarios Stimme ein rhapsodischer Trieb ohne Herde. Die Operation ist gelungen, doch der Patient fordert lautstark "Zugabe" und so kommen sie noch einmal hervor, die Russischen Doktoren, um ein allerletztes Wunschlied zu spielen. "Tote Katzen im Wind" lautet es, dann ist der russische Themenpark für heute geschlossen.

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